Anderen Gutes tun
21.09.2023 Behindertenhilfe
Jakob Hell betreut in der Förderstätte Wasserburg der Stiftung Attl Menschen, die geistig und zum großen Teil körperlich eingeschränkt sind. Ein Praktikum hat ihn von der Arbeit als Heilerziehungspfleger überzeugt. Er ist Teamleiter von zwei Förderstättengruppen.
3 Fragen an Jakob (26 Jahre), Teamleiter Heilerziehungspflege
Du kommst gerade von der Arbeit. Was hast du heute gemacht?
Als Teamleiter von zwei Förderstättengruppen mit insgesamt 14 Bewohnerinnen und Bewohnern und 10 Mitarbeitenden bin ich dafür verantwortlich, dass alles gut läuft. Ich schreibe Dienstpläne und schaue, wer was macht, aber ich bin genauso in den üblichen Tagesablauf eingebunden. Dazu gehört die Morgenrunde am Anfang des Tages, bei der wir uns alle treffen, um das Tagesprogramm zu besprechen. Über den Tag verteilt gibt es dann verschiedene Aktivitätsangebote für die Bewohnerinnen und Bewohner. Das kann kreatives Gestalten sein, also beispielsweise Arbeiten mit Ton oder Papier. Oder wir musizieren und kochen gemeinsam. Auf diese Weise lernen die Betreuten, den Alltag zu bewältigen. Und sie haben Spaß dabei. Viele sind auf einem Entwicklungsstand, der nicht ihrem Alter entspricht. Ihnen fällt es beispielsweise schwer, Informationen zu verarbeiten oder sich auszudrücken. Aus diesem Grund haben wir auch einfach zugängliche Angebote wie Klangschalenmeditation, um innere Anspannungen zu lösen. Wir gehen aber auch oft raus, weil wir hier mitten in der Natur sind. Heute haben wir zum Beispiel einen Spaziergang gemacht.
Da ich auch meine Ausbildung in der Förderstätte absolviert habe, kenne ich die Abläufe und die Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner gut. Das macht es mir als Teamleiter einfacher, weil ich mit allem vertraut bin.
Hast du dir die Arbeit mit Menschen mit Behinderung vorher so vorgestellt?
Mir war schon früh klar, dass ich mit Menschen arbeiten möchte. Deshalb habe ich mich nach meinem Realschulabschluss für eine Fachoberschule mit dem Schwerpunkt im Sozialwesen entschieden. Mein Praktikum habe ich in der Förderschule und Heilpädagogischen Tagesstätte der Stiftung Attl gemacht. Währenddessen habe ich Menschen, die geistig behindert sind, in ihrem Alltag begleitet und ihnen beispielsweise beim Essen geholfen. Oder wir haben in der Gruppe etwas gemeinsam unternommen. Mir hat die Arbeit so gut gefallen, dass ich die Schule abgebrochen und stattdessen eine Ausbildung zum Heilerziehungspfleger in der Förderstätte gemacht habe. Mir war also vorher schon klar, was auf mich zukommt. Große Überraschungen gab es keine. Menschen auf die Toilette zu begleiten oder Windeln zu wechseln, hat mir von Anfang an nichts ausgemacht. Körperliche Berührungsängste hatte ich nie.
Was sind in deinem Alltag Momente, in denen du sagst: „Und genau deshalb habe ich diese Ausbildung gemacht?"
Das sind eigentlich so die kleinen Momente. Ein einfaches Beispiel beim Essen: Wenn ich einer zu betreuenden Person Wasser nachschenke und der- oder diejenige lächelt, dann freut mich das. Weil ich ihm oder ihr etwas Gutes tun konnte, ohne dass groß darüber gesprochen werden musste. Viele Bewohnerinnen und Bewohner sind nicht in der Lage zu sagen, was ihre Bedürfnisse sind, aber sie drücken sehr direkt ihre Gefühle aus. Besonders deutlich wird das, wenn wir gemeinsam auf Feste gehen, wie zum Beispiel auf das Wasserburger Frühlingsfest. Zu sehen, wie sich unsere Bewohnerinnen und Bewohner darüber freuen, daran teilzunehmen und mit vielen anderen Menschen etwas zu erleben, ist immer wieder ergreifend. Als Betreuer kenne ich die Bewohnerinnen und Bewohner, sodass ich mich gut in sie einfühlen kann. Diese persönliche Beziehung bedeutet mir viel. Und das ist es auch, was den Beruf unter anderem auszeichnet. Wir suchen immer helfende Hände, deshalb ist mein Rat an junge Menschen: Probiert es einfach aus. Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, einzusteigen und sich mit den eigenen Fähigkeiten einzubringen.