Heilerziehungspfleger – ein Beruf fürs Leben: vom Azubi
zur Führungskraft
04.04.2022 Behindertenhilfe
„Wir sind die Assistenten des Lebens“ – so beschreibt Thomas Strixner die Arbeit seines Teams in der Behindertenhilfe im Franziskuswerk in Schönbrunn. Im Winter 2021 hat er die Leitung von mehreren Wohngruppen übernommen und profitiert dabei von seinen beruflichen Erfahrungen als Heilerziehungspfleger.
In seinem beruflichen Leben dreht sich alles um die Behindertenhilfe und das Franziskuswerk in Schönbrunn. In der Einrichtung leben und arbeiten Menschen mit Behinderung. Der erste Kontakt kam über seine Schule in München zustande, die im Austausch mit der Akademie Schönbrunn stand, dem Ausbildungszentrum für Sozial- und Pflegeberufe des Franziskuswerks. Thomas Strixner lernte bei einem Tag der offenen Tür das breite Spektrum der sozialen Berufe kennen und entschied sich für eine Ausbildung in der Sozialpflege. „Mein erstes Ausbildungsjahr habe ich in der Altenpflege verbracht. Da war ich aber nicht so richtig glücklich. Eine Dozentin meinte, dass die Behindertenhilfe gut zu mir passen könnte und hat mich über ein Praktikum ins Franziskuswerk gebracht.“ Das gefiel ihm so gut, dass er eine Ausbildung zum Heilerziehungspflegehelfer abschloss und sich zusätzlich noch zum Heilerziehungspfleger weiterbildete. Danach startete er mit 21 Jahren als Assistenzkraft durch – und zwar ebenfalls im Franziskuswerk: Neben der Betreuung interessierte er sich für organisatorische Aufgaben, bereitete Teamsitzungen vor und übernahm innerhalb der Fachkräftegruppe gerne die Führung. Die Stelle des Wohnverbundsleiters schien daher wie für ihn gemacht: „Als Mitarbeiter, der sein ganzes Berufsleben in der Behindertenhilfe verbracht hat, war das eine tolle Chance für mich.“
Herausfinden, was andere brauchen
„Die zu betreuenden Personen formulieren ihre Ziele und wir helfen dabei, diese zu erreichen“ – so fasst Thomas Strixner ein zentrales Anliegen seiner Arbeit zusammen. Die Betreuung richtet sich an den persönlichen Bedürfnissen der Menschen aus. Dieser Gedanke steht in der Behindertenpflege im Franziskuswerk im Fokus. Es geht darum, Menschen mit Behinderung so zu unterstützen, dass sie ihr Leben selbst gestalten können. Als erstes gilt es, herauszufinden, welchen Wunsch die zu betreuende Person verfolgt und wie sie sich diesen erfüllen kann. „Das ist natürlich nicht immer einfach, also beispielsweise bei jemanden, der nicht sprechen kann. Ich organisiere dann Lagebesprechungen, in denen wir die Eltern oder andere begleitende Dienste dazu holen. Und dann entwickeln wir gemeinsam Ziele“, erklärt der Wohnverbundsleiter. Jemand, der im Rollstuhl sitzt, sich aber auch im Gehwagen bewegt, kann beispielsweise darauf hinarbeiten, jeden Tag hundert Meter mit dem Gehwagen zu laufen. Für einen anderen Bewohner oder eine andere Bewohnerin bedeutet es viel, die tägliche Körperpflege selbst übernehmen zu können. Thomas Strixner und sein Team helfen bei der Umsetzung dieser Ziele und bekommen dabei viel zurück.
„Wenn jemand unbedingt etwas erreichen möchte und das mit unserer Begleitung schafft – das sind die schönsten Momente in meinem Beruf.“
Auch wenn die Verbindung zu den Menschen, die er betreut, sehr eng ist, gehört es dazu, eine professionelle Distanz zu wahren. Der klar strukturierte Alltag hilft dabei. „Das ist auch wichtig für die eigene Rolle: Es ist nicht immer alles super und einfach. Manchmal muss man auch unterschiedliche Meinungen ausdiskutieren."
Herausforderungen gemeinsam angehen
Neben der Bereitschaft auf Menschen zuzugehen, ist Teamfähigkeit in seinem Beruf das A und O. „Man arbeitet einfach mit unglaublich vielen Menschen zusammen: Das sind natürlich diejenigen, denen man im Alltag assistiert, aber auch die Zusammenarbeit im Betreuungsteam ist sehr eng.“ Wichtig ist laut Strixner auch die Fähigkeit, sich selbst zu reflektieren und Kritik nicht persönlich zu nehmen. Da die Prozesse in der Behindertenhilfe oft sehr komplex sind, lässt sich manchmal nur schwer herausfinden, warum etwas nicht so gut läuft. Auch unvorhersehbare Dinge, die den eigenen Plan über den Haufen werfen, gehören zum Alltag: „Da kann es schon mal passieren, dass man plötzlich in der Wohngruppe mit elf Menschen allein dasteht, weil ein Kollege mit einem Bewohner dringend zum Arzt muss. Das sind so Momente, wo man die Luft anhält und froh ist, wenn alles klappt.“
Prozesse verbessern und sich selbst weiterentwickeln
Die Wohngruppen, die Thomas Strixner betreut, befinden sich im selben Gang wie sein Büro, sodass die Kolleginnen und Kollegen jederzeit mit ihren Anliegen zu ihm kommen können. Sein Arbeitstag beginnt in der Regel um acht Uhr. Um sich einen Überblick zu verschaffen, dreht er als erstes eine Runde und notiert sich, was in den Wohngruppen ansteht. „Ich bin gern über alles informiert, falls es Fragen gibt“, sagt Strixner. Aufgaben, die in seinem Zuständigkeitsbereich liegen, erledigt er sofort. Dann kümmert er sich beispielsweise um Termine mit dem Fachdienst Heilpädagogik, den er bei weitergehenden Fragen hinzuzieht. Neben spontanen Aufgaben gehört auch das Planen von Arbeitsabläufen und die Entwicklungsarbeit zu seiner Tätigkeit: „Mit meiner Kollegin, die für andere Wohngruppen verantwortlich ist, bespreche ich, wie wir unsere Arbeit im Wohnverbund weiter entwickeln können.“ In Mitarbeitergesprächen, die er regelmäßig führt, holt er die Meinung jedes und jeder Einzelnen ein. „Wenn Veränderungen im Franziskuswerk geplant sind, stelle ich die Vorschläge aus dem Kollegium vor.“ Auch Fortbildungen spielen im Franziskuswerk eine wichtige Rolle. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können sich in verschiedenen Themenbereichen wie Epilepsie oder Gewaltprävention schulen lassen. „Ich selbst mache gerade eine Leitungsfortbildung und studiere nebenbei soziale Arbeit.“
„Der Beruf in der Behindertenhilfe hat mich für mein Leben geschult.“
Thomas Strixner, der als Ausgleich zur Arbeit gern gemeinsam mit seiner Frau reitet oder Ausflüge in die Natur unternimmt, hat seinen Platz in der Behindertenhilfe gefunden: „Mein Beruf hat mich für mein Leben geschult.“ Eine der größten Herausforderungen war und bleibt für ihn der Umgang mit der Corona-Pandemie. Aber er ist zuversichtlich: „Wir arbeiten ohnehin sehr gut im Franziskuswerk zusammen, aber gerade in dieser schwierigen Zeit ziehen wirklich alle an einem Strang. Das ist extrem motivierend und eine Erfahrung, die ich mit in die Zukunft nehme: Wir haben diese Situation gemeistert, dann werden wir alles andere auch schaffen.“